Schon während meines Studiums haben mich wissenschaftliche Zeichnungen fasziniert: die Genauigkeit der Details sowie die Liebe zum Sehen, Erkennen und Verstehen. Das Erkennen dessen, was ein Bild ausmacht, die Bestimmung welche Details wichtig sind, haben ihren Ursprung Jahrhunderte bevor es die Fotografie überhaupt gab. Diese Zeichnungen dienten einem ganz bestimmten Zweck, der Vermittlung von Wissen.
Meine erste Begegnung damals endete ziemlich abrupt, denn meine naive Vorstellung von wissenschaftlichen Zeichnungen bezog sich bislang nur auf Pflanzen.
Als wir in die Katakomben des Naturkundemuseums geführt wurden, trafen wir schließlich auf Tierpräparate und Sammlungen von Körperquerschnitten. Für mich als Vegetarier leider ein No-Go.
Eine erneute Begegnung mit dieser Kunst hatte ich im Kloster Seligenstadt, indem sich zur Zeit eine Ausstellung botanischer Zeichnungen befindet. Der noch junge Verein Botanische Kunst Deutschland e.V. ist eine Gruppe von pflanzenbegeisterten Künstlern und Illustratoren in Deutschland. Die Kenntnisse aus und von der Natur war für die Franziskanermönche damals unerlässlich für die Selbstversorgung. Das Studium der Botanik gehörte damals zum Allgemeinwissen, es verblasste in einer sich immer schneller drehenden Welt. Nimmt man sich die Zeit und studiert die einzelnen Zeichnungen, so verliert man sich in den Details und ist erstaunt über die Technik und Fertigkeit der Künstler:innen.
Sue Henon ist eine der Gründer:innen des Vereins, sie sieht im wissenschaftlichen Zeichnen eine Kunst, die auf eine große Tradition zurückblickt. In ihren ganzjährigen Kursen vermittelt sie Pflanzenliebhabern, mit viel Geduld und Können, worauf es bei der botanischen Kunst ankommt.
Es geht um das Verstehen. Pflanzenstruktur und -form in Kombination mit verschiedenen Zeichentechniken, Bildkompositionen, Farbmischungen sowie die fertige Präsentation der Werke, gehören zum Umfang der botanischen Reise. Mitzubringen sind Interesse und Geduld.
Für alle, die auf den Geschmack gekommen sind: eine kleine eigene Sammlung ausgewählter Zeichnungen auf Pinterest.
Die Biodiversity Heritage Library ist wahrscheinlich die weltweit größte Sammlung alter botanischer Literatur. Die Originalpublikationen der meisten Nadelbaumarten sind hier zu finden.
Dabei dürfen sie nicht fehlen, die Illustratorinnen der Naturgeschichte. Das verlinkte Album enthält naturkundliche Illustrationen von Frauen, woraus das Titelbild entnommen wurde. Erfahren Sie mehr über den Beitrag von Frauen zur Naturgeschichte und beteiligen Sie sich an der Kampagne #HerNaturalHistory. Weitere Illustrationen und Beispiele für wissenschaftlicher Zeichnungen finden sich auf Flickr.
In England fördert die Vereinigung “Society of Botanical Artists” schutz und Wertschätzung dieser Kunst.